Bildende Kunst

Peter Fuchs | Berlin
portrait
Zeichnung auf fehlbelichtetem Polaroid von Pietro Abt, Luzern/Ch (1992)
© P. Fuchs

Gewidmet
Zsófi
und Dóri,
sowie allen aufrichtigen Weberinnen, Webern und Romantikern

Wie Silvias Gewebe mit mir begann:

Es war Anfang 2007. Dunkel, regnerisch, kalt, in der Carmerstraße. Ein paar Meter vom Buchhändlerkeller entfernt. Nachmittags hatte ich dort eine Fotoausstellung gehängt und wartete auf den Beginn der Veranstaltung. Ich stand vor der Tür neben meinem Auto, hatte Glück gehabt mit dem Parkplatz. Neben mir hält ein dunkelgrün-metallic Kombi. „Fahren Sie weg“, fragt mich ein rothaariger Wuschelkopf durch das Fenster, schon sichtlich genervt von der Parkplatzsuche. „Nein, aber wenn ich ein Stückchen vorfahre und Sie sich direkt dahinter an meine Stoßstange hängen, kommt man aus den beiden Ausfahrten gerade noch raus.“ In die Tat umgesetzt, aus einem Parkplatz zwei dreiviertel Parkplätze gemacht, passt. Erleichtert über den kampflosen Parkplatzsucherfolg steigt der Wuschelkopf aus dem Auto. Klein, zierlich, Brille, eine „ältere“ Dame im besten Alter. Wie alle Frauen. Frauen sind grundsätzlich und immer im besten Alter. Wir kommen ins Gespräch, ich erhalte ihre Karte, sie meine Kontaktinformationen. Danach folgt schriftlich eine Einladung zu einer Vernissage und kurz danach ein Wiedersehen bei der „Panzerhallenausstellung“ in der UDK... anschließend entstand, war und ist, ein verwobenes, zum Teil auch wirres, manchmal ein leichtes, ab und zu ein heftigeres und immer freundschaftliches Miteinanderverwebtsein... Wir entfernen uns, unser Gewebe hält — Wir finden wieder zusammen, unser Gewebe schützt.

Prolog

Das WEB-WERK:

Unterschiedliche Auffassungen alleine schon bei der Begriffsklärung. Meinungen gehen auseinander und treffen sich letztendlich doch wieder beim Ursprung. Die Grundlage für sämtliche Interpretationen eines Gewebes ist der Mensch, sich miteinander zu verWEBen sein angeborenes Ziel und sein Streben. Im Gewobenen zu lieben ist sein Wunsch. In meiner Assoziation zum WEB-WERK stehen der Mensch und das menschliche Miteinander im Mittelpunkt meiner Gedanken.

Wie interessant ist Vergangenes, die Gegenwart, die Zukunft? Entscheidend sind die Gegenwart und die daraus entstehende Zukunft. Zurzeit schreibe ich am Web-Werk.
Wie interessant ist das eigene Ich? Diesbezüglich schon bedeutender. Es beinhaltet die Grundlage um zu weben, zu werben und sich miteinander zu verweben. Dazu muss man einen Menschen verstehen, oder es zumindest versuchen. Die Charaktere, Eigenheiten und Eigenschaften ergründen.

Ein Versuch meiner selbst:
- als Sternzeichen bin ich Pinguin. Dies zumindest behauptete vor vielen Jahren eine gute Freundin von mir und sie hatte sich viel mit der wissenschaftlichen Thematik der Astrologie beschäftigt. Anders ausgedrückt, sie ist an mir verzweifelt, wie ich auch selbst des Öfteren an mir verzweifle, und konnte mich nicht zuordnen. Mit ihrer Erklärung zu Pinguin lag sie gar nicht so falsch. Einerseits bin ich der „Koloniepinguin“ mit dem Streben nach Gesellschaft und Geborgenheit, andererseits erscheine ich cool und unnahbar.
- ich bin eine chaotische Mischung aus einem gnadenlosen Realisten und einem hoffnungslosen Romantiker.
- ich bin ein zielstrebiger, lösungsorientierter und pragmatischer Analyst und eben daran verzweifeln viele Menschen.
- ich wohne, nominell gesehen, an einem Ort, zurzeit in Berlin. Leben, oder der Versuch dies zu tun, erfolgt immer an dem Ort, an dem ich mich befinde.
- ich bin aus Überzeugung Ethiker
Widersprüche in sich. Wie sollen andere Menschen damit zurechtkommen, wenn ich das selbst kaum schaffe.

Überlegungen zu der WEB-Kunst, sich in einer modernen Welt und Gesellschaft zu VERWEBEN und zu VER-LIEBEN, aus der subjektiven Sichtweise eines Vertreters des männlichen Geschlechts:

Die kleinste gesellschaftliche Einheit ist nicht der Mensch, sondern zwei Menschen
(Bertolt Brecht)

Soziologisch gesehen besteht die kleinste soziale Gruppe aus drei Personen, der Kernfamilie. Diese Anzahl ist in der Wissenschaft umstritten und grenzt sich von der Dyade ab. Für mich ist eine Dyade, eine Zweiheit/Zweierbeziehung, die Voraussetzung zur Bildung einer Kernfamilie und bildet die Basis des miteinander Webens und Verwebtseins.
Wie findet man diese Person für eine (Zweier-) Beziehung oder kann sich finden lassen?
Berlin gilt als die Singlehauptstadt, hier gibt es einen Anteil von über 52 Prozent Singlehaushalten. Es sollte also nicht so schwer sein, einen Partner zu finden. Was diese Statistik nicht aussagt, ist die Anzahl der Haushalte, in denen Paare wohnen, die jeweils ihren eigenen Hausstand behalten, die in Fernbeziehungen leben, sowie die Anzahl der Beziehungsunfähigen und der Beziehungsunwilligen. Eine genügend hohe Zahl nach einer Beziehung strebenden Menschen sollte dennoch vorhanden sein. Abgesehen davon, ist Alleinsein nicht gleichbedeutend mit Einsamkeit, und einsam kann man auch in einer Partnerschaft sein.

Exzerpt - Kognition - Notion

Die Voraussetzung dafür, jemanden kennenzulernen, ist, sich zu öffnen und erst einmal wieder dorthin zu gehen, wo man die mutmaßlich auserwählte Person auch treffen könnte. Als Beispiel nehmen wir ein kleines Café, bestückt mit zehn kleinen Bistrotischen, an denen im Normalfall jeweils zwei Stühle stehen. Aufgrund einer Unachtsamkeit des Personals stehen an acht Tischchen jeweils zwei Stühle, an einem Tisch drei Stühle und an dem anderen ein Stuhl. Egal wie voll das Café ist, die Wahrscheinlichkeit, dass der Tisch mit einem Stuhl zuletzt besetzt wird, ist sehr hoch. Jeder allein- stehende Besucher möchte sich die Option offen halten, an seinem Tisch den Platz für eine Kontaktaufnahme zu ermöglichen, eine VerWEBalternative zu bieten.

Früher lernte man seinen Partner fürs Leben in der Schule, beim Studium, im Sportverein, bei kulturellen Veranstaltungen, beim Tanz, in der Kirche, auf Demonstrationen oder beim Bus- und Bahnfahren kennen. In der heutigen Zeit trifft man dort nur noch andere Menschen, man lernt sich nicht mehr kennen.
Circa 30 Prozent der Beziehungen beginnen am Arbeitsplatz und das ist nicht verwunderlich. Das Arbeitsleben hat sich verändert. Arbeit erfolgt an der Grenze zu einem Burn-out oder man befindet sich in einem Bore-out. Für Privates außerhalb der Arbeitswelt bleibt da keine Zeit. Es verwundert allerdings ebensowenig, dass der größte Teil dieser Arbeitsplatzbeziehungen wieder in die Brüche gehen. Das tägliche Miteinander, der gleiche Tagesinhalt, das gemeinsame soziale Umfeld: Alles ist so sicher, gewohnt, beruhigend, langweilig, erstickend. Wo bleibt da die Spannung, die Abwechslung, der Interessenausgleich?
Bei rund 25 Prozent der festen Partnerschaften, Tendenz steigend, haben sich die Beteiligten über das Internet kennengelernt. Glaubt man der von einer Internet Partnerbörse in Auftrag gegebenen Studie, sind diese Beziehungen besonders glücklich: 84 Prozent der Befragten gaben an, mit ihrem Partner zufrieden zu sein, wohingegen es nur 78 Prozent derjenigen Personen sind, die sich im Freundeskreis kennengelernt haben. Hat eine Beziehung ihren Ursprung am Arbeitsplatz, sind sogar nur 75 Prozent mit dem Partner zufrieden. Auch dies ist keine Überraschung, Suchoptionen und Filter machen es möglich. Am Ende bleibt der Möchtegern-Wunschpartner, ausgewählt anhand der Ausschlussprinzipien von Eigenschaften einer Suchmaske.

Wir sind noch lange nicht bei einem hypothetischen Prozentsatz von Beziehung angelangt. Noch gilt es die Phase des Kennenlernens zu meistern, eine Kommunikation wäre schon einmal ein Anfang.

Der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ist ein Lächeln.
(Chinesisches Sprichwort)

Die Kunst der nonverbalen Kommunikation anhand Mimik und Gestik wäre eine Möglichkeit. Ein Lächeln ist international. Bei dem Einsatz von Mimik und Gestik ist global allerdings Vorsicht geboten, wenn man die Sitten und Gebräuche des Gegenübers nicht kennt. Am verbreitetsten und daher logischsten ist die Kommunikation über Sprache. Gerade darin liegt das Problem. Es gibt weltweit über 6500 Einzelsprachen, davon werden die häufigsten 50 Sprachen von circa 80 Prozent der Menschheit gesprochen. Das sollte nach dieser Einschränkung schon mehr Hoffnung machen, aber damit befindet man sich im Irrtum. Treffen zwei sich fremde Personen aufeinander, so sprechen sie auch eine unterschiedliche Sprache. Unabhängig von ihrer erlernten Muttersprache. Eine gemeinsame Sprache zu sprechen, einen gemeinsamen Nenner darin zu finden, die Grundlage für eine Kommunikation zu schaffen, erfordert die Bereitschaft, miteinander sprechen und zuhören zu wollen, den Willen, sich aufeinander einzulassen und wenigstens zu beabsichtigen, die Sprache des Anderen zu erlernen. Jeder Mensch interpretiert Worte anders, besonders die nicht ausgesprochenen Worte. Jede Generation benutzt ihre eigene Sprache, jeder Kiez hat seinen eigenen Slang. Kinder und Jugendliche verständigen sich auf ihre Art und Weise. Unterschiedliche gesellschaftliche und soziale Schichten verwenden ihr eigenes Sprachsystem. Dazu kommen noch der Verfall der Bedeutung des Wortes und die daraus entstandene Subkultur im Umgang mit Worten, insbesondere in geschriebener Form. Alles muss schnell gehen, jede Mitteilung wird möglichst kurz gehalten. Antworten erhält man in nicht mehr nachvollziehbaren Fragmenten, gespickt mit Kürzeln. Für eine Unterschrift mit seinem Namen reicht die Zeit nicht aus. Entsprungen der Errungenschaft des WWW und der digitalen Welt, einer koexis-tenten Virtualität. Als SMS, als Mail, als Blog, getwittert, hinterlassen als Eintrag in einem Social (?) Network oder einer ähnlichen Online-Community. Ein Daten- und Informationsmüll, überwiegend banaler Belanglosigkeiten. Die Kommunikation erstickt in einem Ratespiel um die erhaltene Information, man redet und schreibt aneinander vorbei. Nach Interpretation ist alles möglich, der wirkliche und entscheidende Inhalt bleibt verborgen und endet in einem „Wulff'schen“ Informationsfluss, Missverständnisse sind vorprogrammiert. Wir leben in der Welt der Abkürzungen und Akronymen.
„SCNR. AAMOF, WTF? *LOL*“

Frauen und Männer sprechen nicht die gleiche Sprache. Frauen haben zum Beispiel die Gabe, in unzähligen Arten „nein“ zu sagen oder bedienen sich in ihrer Sprache abstrahierter Euphemismen. Ein Mann wird es niemals schaffen, diese kryptierte Botschaft zum richtigen Zeitpunkt zu verstehen, zu verarbeiten und entsprechend der unausgesprochenen Wünsche oder Bedürfnisse zu handeln. Mit der Folge, dass auch seine (meist folgend falsche) Reaktion von den Frauen wieder falsch verstanden wird. Fragen werden genauso häufig wie Entschuldigungen. Ein Erkennen der Fehler und Irrtümer erfolgt selten. Ein daraus Lernen und zukünftiges Vermeiden, um so miteinander zu leben, dass man sich nicht mehr entschuldigen muss, rückt in weite Ferne. Wie sollte man(n) es auch begreifen ohne entsprechende Informationen? Wann ist es für einen Mann sinnvoller, einfach nur zu schweigen? Alleine anhand einer waghalsigen Interpretation ist das unmöglich. Die sogenannte Einfühlungsver-mögenresistenz von Männern steht in direktem Verhältnis zu der situationsbedingten Mitteilungs-un-fähigkeit von Frauen.

Exzerpt - Generation 1,40 Meter (1,20 Meter)

Es liegt in der Natur der Menschen. An einem bestimmten Punkt angelangt, wächst das Bedürfnis, sich auch körperlich näher zu kommen. Je nach moralischen Vorstellungen, nach Erziehung, Wertvorstellungen und Glaube, früher oder später. Bei einigen Menschen, auch teilweise temporär beeinflusst, verkommen zu einem banalen und rein hormongesteuerten Intermezzo. Die Ratio verweigert ihren Dienst, der Mensch degradiert sich selber in der Evolutionstufe zu einem Homo erectus. Treffen dabei zwei Gleichgesinnte aufeinander, so ist das in Ordnung und erfüllt seinen Zweck. Doch nur zu häufig stehen unausgesprochene Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen im Hintergrund. Ein Akt, im schlimmsten Fall dazu geeignet, andere Menschen zu verletzen, im besten Fall die Erfüllung einer Harmonie. Der Ort des Atmens im Gleichklang findet weitgehend auf einer Matratze statt. Ein moderner Singlehaushalt beinhaltet vorwiegend eine Schlafstätte mit einer Matratzenbreite von 1,40 Meter. Genügend Platz, um einer anderen Person eine Schlafgelegenheit zu bieten, zu wenig Platz, um dauerhaft nebeneinander zu schlafen. Allein die gegebene Möglichkeit ist mit dieser Breite erfüllt. Eine Argumentation bezüglich einer Matratzenneuanschaffung im Bedarfsfall ist unrealistisch, mögliche Übernachtungskandidaten wechseln häufiger als der Erwerb eines beziehungsgerechten Bettpolsters erfolgt. Ein Mehrbedarf an Platz, der Unterschied zwischen anwesend sein und übernachten, ist unerheblich und beträgt 0,8 Quadratmeter. Angesichts überdimensionierter Fernseher, Computer-Stellfläche, weit ausladender Zimmerpflanzen, Großmutters Bodenvase oder ähnlich geschmacklosem Interieur, eine geradezu lächerliche Fläche. Berlin ist Hauptstadt einer 1,40 Meter Betten(hoch)burg.

Wird eine Frau darüber befragt, welche Vorstellungen, Charaktere, Eigenschaften, Ideale und Werte ein Mann für eine Beziehung mitbringen muss, so erhält man fast identische Antworten. Bildung, Humor und jemanden, der sie zum Lachen bringt, der sich sorgt, sie umsorgt, sich kümmert und Gefühle zeigen kann. Sie wünscht sich einen Zuhörer, einen perfekten Hausmann und Koch, kinderlieb und familientauglich, treu und ehrlich, tierlieb, naturverbunden, kreativ, einen Kavalier und Verwöhner, einen Macher, bei Bedarf ernsthaft, liebevoll, zärtlich, einen Romantiker, jemanden, der sich für sie interessiert und respektiert, ihr Freiraum gibt, einen Vertreter von traditionellen, ideellen Werten und in umgesetzter Form Tugenden. Diese Auflistung könnte noch endlos weiter gehen, überwiegen werden die traditionellen Werte und Tugenden, gepaart mit der gesellschaftlichen Neu-Wunsch-Tugend, dass ein Mann gleichzeitig auch einen gewissen Anteil einer Frau verkörpern sollte. Um diese Werte erkennen zu können (und zu wollen), reicht der erste Blick nicht aus, es bedarf schon größerer Anstrengungen. Die Grundlage einer möglichen Beziehung erfolgt auf freundschaftlicher Basis und dies ist auch das Fundament und die Voraussetzung für die Option einer dauerhaften Verbindung. Im Idealfall entsteht aus einer anfänglichen Sympathie im Prozess des freundschaftlichen Kennen-Lernens ein zunehmendes Gefühl, sich immer wieder in neu Erkanntes zu verlieben, um sich letztendlich lieben zu können. Sämtlichen Ansprüchen gerecht zu werde, ist eine Utopie, den perfekten Partner der Idealvorstellungen zu finden, eine Illusion. Warum sind sie nicht mit dem schon Bekannten, aus einer Freundschaft Resultierenden und Wertgeschätzten, zufrieden und warum hecheln sie ohne Kompromisse ihrer Wunschvorstellung und damit einem Phantom hinterher? Lieber kompromisslos alleine bleiben, um für die Möglichkeit der Liebe ihres Lebens frei zu sein? Das hormonell gesteuerte Gefühl des „Verliebtseins“ verflüchtigt sich allzu schnell, die Schmetterlinge im Bauch werden flügellahm und zum Mops am Bein, die Freundschaft bleibt.

Intuition, Instinkt, Inkonsequenz, Irrationalität? Warum entstehen die meisten Beziehungen bei einer Frau aus dem Bauchgefühl? Unbeachtet des zugegebenermaßen schönen Gefühls. „Es ist halt einfach so passiert“. Wie kann so etwas einfach geschehen, wenn die Ratio einer Frau behauptet etwas zu wollen, von der sie noch gar nicht weiß, ob dies erfüllt werden kann? Warum ist dann „Ratio, Substantiv, feminin“? Ist es nicht vielmehr der Traum einer Frau, dass sich ihre beziehungsgrund-legenden Wünsche und Hoffnungen mit ihren Dopaminen paaren? Ein Wunschdenken: „Die Annahme, dass sich etwas in einer bestimmten Weise verhält, was aber nicht der Realität entspricht, sondern nur dem Wunsch, dass es so sein möge.“ Warum fallen hormongesteuerte Frauen immer wieder auf den gleichen Typus Mann rein? Werden belogen, betrogen, misshandelt? Sitzengelassen wegen der Ego-Karriere des Mannes, alleine gelassen an Fußballwochenenden und den Sauftouren mit den besten Kumpels? Warum machen sie zum x-ten Mal die gleichen Fehler mit einem Kollegen am Arbeitsplatz, geraten an einen Suchtabhängigen oder den Mann, der zu Hause eine wartende Familie hat? Ist es die Gewissheit des schon Bekannten und der abzusehenden, dadurch abgestumpften Ängste? Oder gilt: Wo die Angst ist, ist auch Begehren?
Sollten Frauen nicht subtiler mit ihren Wünschen und Bedürfnissen umgehen und entsprechend handeln?
Ganz am Rande, ein betrügender Mann wird nicht schwul, er betrügt seine Frau mit einer Frau. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine fremdgehende Frau einer homosexuellen Neigung nachgeht, ist viel höher... und der Anteil von Singles und partnergebundenen Usern von „Partner-Such, -Find und -Verlier- Internetplattformen“ ist genauso hoch.

Es gibt unzählige Statistiken zu dem Thema Beziehungen und Liebe. In einer relativ aktuellen wissenschaftlichen Studie aus dem Jahr 2011 wurden Frauen nach ihrem Hauptkriterium befragt, aufgrund dessen sie eine Beziehung mit einem Mann eingehen würden (Mehrfachnennungen waren möglich). An erster Stelle mit 71 Prozent stand die „Liebe“ als Hauptgrund. Das klingt logisch, ein Mann würde dem sicherlich annähernd zustimmen. Mit einem nahezu identischen Prozentsatz auf Platz zwei mit 67 Prozent landete die „finanzielle Absicherung“. Jetzt kann ein Mann nicht mehr folgen. Sind die drei großen Emanzipationsbewegungen in der Geschichte der westlichen Welt unerkannt an einer Frau der Gattung Homo, Art sapiens sapiens vorübergegangen? Verkommt Emanzipation zum Gegenteil von Romantik? Was ist mit den von ihr propagierten Werten für eine Beziehungsgrundlage? Hat ein Mann noch Werte ohne einen Wert oder muss er Werte und Tugenden verkörpern und gleichzeitig einen Wert haben? Ist am Ende ein Mann ohne Wert, unabhängig von seinen Werten, nichts mehr wert? Oder sind dies lediglich die Ur-Instinkte einer Frau, dass ein Mann gleichbedeutend ist mit dem Beschützer und Ernährer ihrer Familie? Unabhängig davon, ob eine Frau den Wunsch nach einer Familie hegt und ungeachtet ihres eigenen Einkommens.

Vermutlich hat Gott die Frau geschaffen, um den Mann kleinzukriegen“ (Voltaire)

Es gibt sie, die sensiblen und harmoniebedürftigen, nach einer glücklichen und aufrichtigen Beziehung strebenden Männer.
Sie sind der modernen Frau ausgeliefert. Eine intelligente Frau hat viel mehr Einfluss und „Macht“ über Männer, als sie selber zugeben würde. Seit dem 13. Jahrhundert war die heute in Europa vertretene Variante des Schachspiels bekannt. Die Kunst und das Beherrschen des Spiels gehörten damals zu den sieben Rittertugenden. Der König ist die wichtigste, die Dame die stärkste und mächtigste Figur des Spiels. Nur ein Zufall? Ist die Dame die Spielerin, die moderne Frau ein Homo ludens?

Eine moderne Frau ist erfolgreich, ihre Zeit ist ausgefüllt und sie ist erfüllt in ihrem Beruf. Sie leidet unter Zeitmangel, gerade in Großstädten wie Berlin, verbunden mit einem katastrophalen Zeitmanagement aufgrund ihres Tatendrangs. Sie ist intelligent und gebildet, ihre Informationen erhält sie aufgrund ihres Zeitmangels aber fast nur aus Schlagzeilen, der Politik ist sie überdrüssig. Soziale und gesellschaftliche Probleme bekommt sie nur am Rande mit, als erfolgreiche Frau ist sie davon nicht betroffen. Sie bekennt sich zu Kultur, Natur, Sport, Wellness, Fitness und einem gesundem Leben. Eine Umsetzung dessen erfolgt allerdings zu selten. Sie ist ausgelastet und in ihrer wenig verbleibenden Zeit will sie Spaß haben und das Leben genießen. Sie will möglichst viel erleben und unternehmen, ihre Spontaneität behalten und dies alles gleichzeitig.

Eine moderne Frau lebt in einer Symbiose. Eine glückliche Dyade besteht bei ihr aus circa fünf Personen. Sie hat zwei beste Freundinnen und Mann I. Dieser verkörpert die freundschaftliche Basis mit den dazugehörigen ideellen Werten. Im Grunde der Mann von dem Frauen immer behaupten, dass sie sich diese Eigenschaften in einer Beziehung wünschen. Der Prozess der Beziehungsent-wicklung erfolgt wie bereits im Idealfall aus einer anfänglichen Sympathie beschrieben. Ein bisschen Gefühl von Verliebtsein, entstehende und wachsende Liebe und im Hintergrund der Wunsch und die Hoffnung, dass sich diese Liebe irgendwann einmal von beiden Seiten zu einer dauerhaften Bezie-hung verweben lässt. Er motiviert sie, respektiert sie, lässt sie sich als Frau wieder wie eine Frau fühlen. Er schenkt ihr alle Tugenden. Er ist der Mann, der grundsätzlich und immer alles falsch macht. Er befindet sich immer zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Er versucht ihre Sprache zu lernen und will dies auch. Hört er ihr zu, versucht er sie zu verstehen und interessiert sich für ihre Probleme und Wünsche, gilt er zu schnell als Softie. Unabhängig der Tatsache, dass er im privaten Bereich und gegenüber einem für ihn wichtigen und wertvollen Menschen gar nicht den Macho geben will. In der heutigen Welt muss er das oft genug und Männer werden niemals erkennen, wann eine Frau nur genau diesen oder jenen Typus haben will. Gibt er ihr Freiraum, so ist das zu wenig und sie fühlt sich bedrängt. Versucht er ihr auch noch Freiraum zu schaffen, so ist das zu viel. Sie blockiert, verschließt sich, wird abweisend und zieht sich zurück. Bringt er sie zum Lachen, so freut sie sich darüber. Versucht er sie aber zu einem falschen Zeitpunkt zum Lachen zu bringen, so wird er es niemals erfahren. Weist er sie explizit darauf hin, ihm eventuell auftretende Ungereimtheiten mitzuteilen, so wird sie schweigen oder es ihm zu spät mitteilen. Probleme und Missverständnisse werden nicht hinterfragt oder kommuniziert. Verwöhnt er sie mit Aufmerksamkeiten, Komplimenten und kleinen Geschenken, so wird er mit ungläubigem Erstaunen und gleichzeitig erschrocken aus garantiert wunderschönen Augen angesehen. Für eine Frau ist solch eine Verhaltensweise ungewohnt. Er schenkt aus der Motivation heraus, dass ihm die Freude über das Geschenkte, genug ist. Er erwartet keinen Dank, kein Lob und hat keine Erwartungen. Er erfreut sich daran, Anderen eine Freude zu machen. Wenn jeder Mensch nur einen kleinsten Teil seiner Fähigkeiten, seines Wissens, seiner Beziehungen, seiner Möglichkeiten, seiner Werte und seines Wertes ohne Erwartungen an die Gesellschaft weitergeben würde, wäre die Welt eine andere. Die Realität sieht anders aus, egoistisch und auf jede Actio wird eine Re-Actio erwartet. Es geschieht nichts mehr ohne eine Gegenleistung. Schenkt man auch nur eine glücklich machende Tafel Schokolade, so ist das zu viel und wird misstrauisch betrachtet. Werte und Tugenden werden aufgrund bisher noch nicht erlebter oder negativer Werterfahrungen von ihr nicht als solche erkannt. Diese Frau wird niemals seine Liebe erkennen, sein Handeln verstehen und ihn als Mann sehen. Eine Ambivalenz.

Der Gegenpol ist Mann II. Er wird aus einer emotionalen Bauchentscheidung innerhalb kürzester Zeit ihr Herz gewinnen. Im Worst Case parallel und gleichzeitig zur Beziehungsentwicklung, welche dadurch schon endet, bevor sie richtig anfängt, mit Mann I, der ihr die Gewissheit des Seins gab und sie moralisch unterstützte, mit Komplimenten und Aufmerksamkeit bedachte und un/bewusst Frau sein ließ. Im Idealfall handelt es sich bei Mann II um eine Fern- oder aufgrund Zeitmangels eine Wochenendbeziehung. Für zu viel Nähe hätte eine moderne Frau keine Zeit oder würde dies auch nie zulassen wollen. Sie hat immer noch ihre eigene berufliche Erfüllung, ihre eigenen Hobbys und Interessen, ihre besten Freundinnen und Mann I. Dieser wird auch nach dem Auftreten von Mann II niemals seine Ideale aufgeben und für die besondere Frau da sein, sie mit Aufmerksamkeiten erfreuen und mit all seinen Möglichkeiten unterstützen. In der breiten Gesellschaft würde dies „Selbstzerstörung“ genannt, bei Wenigen „seinen Tugenden treu bleiben“. Oder sollte sich Mann I auf die gleiche Stufe der Menschen stellen, die dafür verantwortlich waren, dass er gerade nicht so wie sie ist und handelt?

Eine Variante zu Mann I wäre auch eine Beziehung zu einem homosexuellen Freund. Dieser würde dann einen Teil der femininen Seite der besten Freundinnen übernehmen. Als Ergänzung zu diesen müsste der maskuline Anteil erweitert werden.

Wäre das Verhältnis zwischen der modernen Frau und Mann II für sich alleine gesehen überhaupt eine (Zweier-) Beziehung? Oder handelt es sich für sie um eine Art Alibibeziehung? Eine Interessengemeinschaft zur Erfüllung von Einzelteilen ihrer Bedürfnisse und der Möglichkeit, dadurch gleichzeitig eine Distanz und einen Schutzwall gegen Unerwünschte/-s zu schaffen? Während der erfüllenden Zeit in ihrer Zweisamkeit zurückgezogen und abgeschottet gegenüber der Mehrsamkeit, nur ihrer eigenen Terminierung folgend, bei Bedarf zurückgreifend auf die Stützen ihrer Dyade. Wie soll man diese Fünf-/Mehrsamkeit nennen? Eine neue Form der modernen Polyamorie? Könnte eine moderne Frau auch in einer glücklichen Zweisamkeit leben ohne ihre ergänzenden Dyade-Kreise? Wer oder was bleibt dabei auf der Strecke? Sind es nicht immer die Gleichen, die mit Hilfe ihrer Kreise ihr sogenanntes Glück finden? Sind es nicht immer die Gleichen, die nur die hormongesteuerte, emotionale Phase erleben und erleben wollen und sich zurückziehen, sobald es um Verantwortung und Erkenntnis des Alltags geht?

Kommt es bei dieser Mehrsamkeit doch im Wunsch nach einer engeren Zweierbeziehung (oder dem Wunsch zur Gründung einer Kernfamilie) zu einem gemeinsamen Lebensmittelpunkt, ist das Erwachen und Erkennen der neuen Lebenssituation viel zu häufig der Anfang vom gemeinsamen Ende. Die ungewohnte Nähe erdrückt. Der Alltag zermürbt. Das ständige Beisammensein zerstört. Das neue Mitglied der Kernfamilie ständig an der Seite der noch im Paardenken verbliebenen, neuen Eltern schränkt ein. Die neue Situation erschlägt. Zurück bleiben die alleinerziehenden Mütter und Väter. Berlin ist voll von diesen Einelterfamilien, Berlin ist die Hauptstadt der Alleinerziehenden. Zurück bleiben auch die diesen Umständen ausgelieferten Kinder. Immer auf der Suche nach einem alternativen Gewebe.


Der ganze Schmerz, den ich in mir spüre, ist nichts anderes als die Liebe, die ich dir nicht geben darf.

Sollten sich entgegen aller Widrigkeiten doch einmal die vermeintlich Richtigen zusammenweben, wurde ein harmonischer Konsens gefunden, so hat auch jeder Beteiligte bis dahin gegensätzliche, verletzende, unsensible und respektlose Erfahrungen gesammelt. Das dazugehörige Gefühl in seinem Inneren kennt jeder. Am 30.01.1933 (und in einem ganz anderen Zusammenhang) wurde ein Satz ausgesprochen, der dieses Empfinden gut beschreibt:

Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte.
(Max Liebermann)

Nach einer thematischen Anpassung also,
Ich könnte nur noch kotzen und kann dabei nichts mehr fressen.

Eine Phase, lediglich dazu geeignet, überflüssiges Körpergewebe zu verlieren.
Für einige Verletzte ein Schlussstrich des WEB-Wunsches, der finale Übergang zur Einsamkeit.
Sich nach solch Erlebtem wieder neu zu öffnen und für einen neuen Menschen bereit zu sein, kostet Motivation, Selbstvertrauen und Kraft. Nur wer verletzt ist, kann auch heilen. Ein sich selbst Überwinden, genau den verletzten Richtigen zu finden und zu heilen. Die Richtung ist vorgegeben, am Anfang ist der Weg, das Ziel die Erfüllung, dazwischen liegt der Schmerz. Wer den Richtigen noch nicht gefunden hat, sollte seine „Ansprüche“ und Träume überdenken.
Ein Appell, niemals die Hoffnung zu verlieren und sich dabei selbst niemals aufzugeben.

Beziehungen schaffen — am liebsten zwischen allen Dingen der Welt.
(Kurt Schwitters)

Ein schöner Gedanke. Nur wie soll das geschehen, wenn das schon zwischen zwei Menschen so schwierig ist? Ein Verspinnen um geschriebene Worte, zurück zum Ausgangspunkt. Manch einem Weber mag dieses Zitat von Kurt Schwitters bekannt vorkommen. Es ist Bestandteil der „Berlinischen Botschaft“ unserer WEB-Initiatorin, ihres „Wegweiser“-Ensembles „Musen- und Museumsbotschaften“ am Landesmuseum Berlinische Galerie in der Alten Jakobstraße. Das Gewebe schließt sich.

Das Streben und der Wunsch nach Liebe und Geborgenheit stecken in (fast) jedem Menschen. Der Wunsch, die Erfüllung in einer Beziehung oder Familie zu sehen und zu erfahren, liegt in den Genen. Es ist unerheblich, ob Frau oder Mann, arm oder reich, jung oder alt. Religion, Nationalität und Rasse spielen keine Rolle. Eine Beziehung ist der Unterschied zwischen einsam und allein. Letztendlich geht jeder den natürlichen Weg des Menschseins. Am Ende steht der Tod. Die Zeit davor gilt es gemeinsam zu nutzen.

Epilog

Frau ist synonymisch Mann. Wer nicht verstanden hat, sollte erneut beginnen bei der Kommunikation. Wer sich wieder erkennt, sollte überdenken.
Keine neuen Thesen oder Erkenntnisse. Keine neuen Fragen, aber unbeantwortete Fragen. Zum Teil provokant erscheinend, zum Be-, Nach- und Überdenken auffordernd. Ein Konglomerat aus eigenen im Umfeld erlebten, gehörten und gelesenen Erfahrungen.
Es gibt hier kein Foto von meiner Person. Wer mich kennt, sieht mich in der Zeichnung wieder. Wer mich kennenlernt, kennenlernen will oder kennenlernen wird, sieht mich mit seinen eigenen Augen. Jeder Mensch sieht anders, obwohl ich visuell der Gleiche bin.
Es gibt hier keinen helfenden und zu einer Klärung beitragenden Link. Eines Webers Link ist das Verweben mit einem Menschen, von dem er eventuell noch gar nicht weiß, dass es ihn gibt.

Maedchenbild
Einsam oder alleine — traurig oder nur in Gedanken — was bleibt ist Staub und wird zum Abfall
© P. Fuchs
 

Biografie Geboren, und das ist offensichtlich, im Südwesten der damals noch kleineren Republik im 20. Jahrhundert. Aufgewachsen, erwachsen geworden und dennoch in einigen Bereichen immer Kind geblieben, Schule, erste Liebe, Abi, Wehrdienst, Studium der BWL und Architektur in Würzburg. Umzug nach Wiesbaden, Studium der Architektur in Mainz. Freiberufliche und angestellte Tätigkeit in der Bauplanung, Projektarbeit „Angerblock“ bei Peter Lanz/Architekten und Ingenieure in München. Kombination meiner Hobbys Musik und Fotografie, Arbeiten bei diversen Grafikbüros. Fünf Jahre lang Freelance bei der IPA London, redaktionelle Tätigkeit bei einem Frankfurter Internetkulturmagazin, Pressepartner der Mainzer Medienlandschaft, Radio FFH, HR3 und Sound Of Frankfurt. Arbeitsschwerpunkt in der Kultur und speziell Musik und Konzerte. Langjährige Arbeit und Freundschaft mit „Trance Groove“, deren Members und dem dazugehörigen Umfeld der Köln-Düsseldorfer Musikszene, mit „The Lemonbabies“ aus Berlin, „Mira Kay“ aus Frankfurt und „Saint Etienne“ aus London. Kooperation mit diversen Master- und Independent Labels. Umzug nach Berlin, Redaktion und CvD beim Radio. Kontakt zu „Ostkreuz - Agentur der Fotografen“. Zusammenarbeit mit einem der Ostkreuzfotografen, digitale Bildbearbeitung, Ausstellungskonzeption, Printvorlagenerstellung. Im November 2007 Einzelausstellung mit 120 Fotografien zum Thema „Menschen und Leben in Pankow“ unter der Schirmherrin Frau Prof. Dr. Barbara John.

p.fuchs(AT)nickname.berlin.de