3. Begriff und Theorie der Information
3.7 DOKUMENTATION UND IHRE FUNKTION
Die bisherigen Überlegungen zur Organisation fachlicher Kommunikation führten zur
- • Klärung des Kommunikationsbegriffs:
- Kommunikation wurde interpretiert als
bilateraler (multilateraler)
Interaktionszusammenhang
zum Zwecke des
Wissensaustauschs durch
Informationsvermittlung
- • Klärung des Informationsbegriffs:
- Information wurde interpretiert als Wissen in interaktionsfähiger Form (unter Verwendung von Sprachen repräsentierte und durch Bindung an Träger transportierbare und erfahrbare Bedeutungsgehalte)
Was heißt in diesem Zusammenhang Organisation?
- Ist Organisation fachlicher Kommunikation erforderlich ?
- Funktioniert fachliche Kommunikation nicht spontan ?
- Welche Aufgaben, Maßnahmen umfaßt eine erforderliche Organisation ?
Beobachtungen zeigen:
Die Spontaneität des Wissensaustauschs durch Informationsvermittlung ist belastet, eingeschränkt, gestört wegen / durch:
- häufig wechselseitiger Unbekanntheit der Kommunikations-Partner
- Raum-Zeit-Distanz der Partner
Inf.-Produktion u. Inf.-Rezeptionsbedarf entsprechen sich nicht: - - Entstehungsort ist meist nicht Rezeptionsort; Entstehungszeit und Rezeptionszeit fallen i.d.R. nicht zusammen.
- Mängel in der Quantität
- zuviel (überflüssige, redundante), zu wenig (unvollständige) Information - - Mängel in der Qualität
- geringe Relevanz, ungeklärte Verläßlichkeit, Unausgewogenheit etc. der Information -
Soll das Gelingen
fachlicher Kommunikation
nicht dem Zufall überlassen bleiben, sind Maßnahmen erforderlich, die ihre Grundlage sicherstellen: nämlich die
Zugänglichkeit von Information,
und zwar
wo | immer |
wann | immer |
von wem | immer |
sie benötigt wird.
Diese Zugänglichkeit sicherzustellen,ist Zielsetzung der
DOKUMENTATION
Dokumentation
ist die
- Ermittlung
- Sammlung/Beschaffung
- Auswahl
- Erschließung/Erfassung
- Ordnung
- Speicherung
- Verarbeitung, Verdichtung
- Bereitstellung/Vermittlung/Verbreitung
von Informationen aller Art
Die Aufgaben der Dokumentation sind als Aufgabenfolge,
als Prozeß anzuordnen.
Der Dokumentationsprozeß durchläuft stets die drei Phasen:
- INFORMATIONSERMITTLUNG
- INFORMATIONSVERWALTUNG
- INFORMATIONSVERMITTLUNG
Die Phasen des Dokumentationsprozeß
- INFORMATIONSERMITTLUNG
- Informationsbeschaffung
- Überwachung des Informationsaufkommens
- Erwerbung u. Akzession des Dokumentenmaterials
- Sichtung, Bewertung, Auswahl von Dokumenten/Daten - Hilfsmittel: Bestell- u. Akzessionssysteme Abonnementsüberwachung
- Informationserschließung
- Duplikatkontrolle
- Formale Erschließung Ansetzung der z.B. bibliographischen Daten formale Dokumentenkennzeichnungen (Dok-Nr., Signaturen)
- Inhaltliche Erschließung Klassierung durch Notationen Vergabe von Deskriptoren Erstellung / Übernahme von Kurzreferaten (Abstracts) - Hilfsmittel: Regelwerke der formalen Erschließung
Ordnungssysteme / Dokumentationssprachen
automatisierte Indexierungsverfahren
- Informations-(Daten-) Erfassung
- Editierung der Erschließungsergebnisse (Indexate)
Scanning
Dateneingabe am PC
Korrekturen
Formatierung
- Speicherung auf Datenträger - Hilfsmittel: OCR-Systeme / Editiersysteme
Prüfsysteme und Korrekturhilfen
Dateimanagementsysteme - (Nähere Ausführungen zu 1. in der Veranstaltung Wissensorganisation)
- Informationsbeschaffung
- INFORMATIONSVERWALTUNG
- Daten-/ Datenbankmanagement
- Datenbankkonforme Datenstrukturierung
- Datenbankaufbau
- Updating und Reorganisation der Datenbank
- Datensicherung - Hilfsmittel: Die Verfahren sind automatisiert
- Retrievalorganisation
- Bereitstellung von Such- und Zugriffssystemen
- Bereitstellung von Druck-, Übertragungsroutinen
- Bereitstellung von Verarbeitungsroutinen
- Help-Desk und Mail-Box
- Kundenverwaltung - Hilfsmittel: Die Verfahren sind automatisiert
- (Nähere Ausführungen zu 2. in der Veranstaltung: Datenorganisation)
- Daten-/ Datenbankmanagement
- INFORMATIONSVERMITTLUNG
- Informationsrecherchen
- Problemanalyse
- Datenbankauswahl
- Information Retrieval
· Frageformulierung
· Verknüpfungsstrategien
· Ausgabe der Suchergebnisse
- Quellenbeschaffung - Hilfsmittel: Emulationssoftware
(menu-geführte) Retrievalsysteme
Mail-Order
- Informationsselektion und - bewertung
(Mehrwertdienste - value added information)
- Automatisierte / intellektuelle Auswertung recherchierter Informationen
- State-of-the-art-reports
- Fortschrittsberichte - Hilfsmittel: Systeme zur statistischen Auswertung und graphischen Ergebnisdarstellung
- Informationsverbreitung
- Gestaltung und Produktion unterschiedlicher Informationsdienste
- Bibliographien
- Referateorgane
- Indizes/Register
- Analysen
- Newsletter
- Bulletin Boards
- Mailing Lists - Hilfsmittel: Desk-Top-Publishing Systeme, E-Mail-Systeme
- (Nähere Ausführungen zu 3. in den Veranstaltungen Literaturdokumentation / Faktendokumentation)
- Informationsrecherchen
Übersichtsschema Dokumentation
Man unterscheidet Dokumentationen nach
- ihrem Gegenstandsbereich
- z.B. Medizin-Dokumentation
- Chemie-Dokumentation
- Umwelt-Dokumentation
- Wirtschafts-Dokumentation
- den bearbeiteten Dokument-, Informationstypen
- Literatur- (Text-, Dokument-) Dokumentation;
- Bild-, Ton-Dokumentation
- Themen-, Daten/Fakten-Dokumentation
- der Form des Informationsnachweises
- Referenz-Dokumentation
- Quellen-Dokumentation
Dokumentationen unterstützen fachliche Kommunikation in Verbindung mit
Bibliotheken (Mediotheken)
Archiven (Registraturen)
(sogen. ABD-Einrichtungen)
Abgrenzungen der ABD-Einrichtungen
Das 3-Phasen-Schema des Maßnahmengesamt der Dokumentation:
- INFORMATIONSERMITTLUNG
- INFORMATIONSVERWALTUNG
- INFORMATIONSVERMITTLUNG
kann auch als Schema der
Ablauforganisation
von Informationssystemen verstanden werden:
- INPUT
- DATAMANAGEMENT
- OUTPUT
Das Maßnahmengesamt der Dokumentation:
- INFORMATIONSERMITTLUNG
- INFORMATIONSVERWALTUNG
- INFORMATIONSVERMITTLUNG
konstituiert
Informationssysteme
(zur Gewährleistung fachlicher Kommunikation)
= formale IS-Konstitution.
Ihre konkrete / inhaltliche Ausprägung,
= materiale IS-Konstitution,
erhalten IS von bestimmten Gestaltungsfaktoren:
Gestaltungsfaktoren von Informationssystemen
- Datenspezifika
z.B.- Volltextinformation im juristischen Bereich
- Strukturformel-Darstellung in der Chemie
- Abbildungen in der Archäologie / Kunstgeschichte
- Statistische Daten (Graphiken) in der Wirtschaft
- Physiologische Werte in der Medizin
- Normen / Grenzwerte im Umweltbereich
- Eingesetzte Technologien
- Konventionelle Mediensysteme:
Printmedien in Magazin-Speichern
Zugang über Kataloge/Karteisysteme
Verteiltechniken: Kopien
Versandsysteme: Paper-mail
Telefax - DV-Systeme
- Datenbanken / Information Retrieval
- online (über Netze)
- offline (CD)
- stand alone (auf PC)
- onsite (auf LAN-Server)
Internet: World Wide Web / Gopher
Telekom-Online / CompuServe etc.
NEWS
E-Mail: Bulletin Boards etc. - Mikroformen
- TV Videotext
- Konventionelle Mediensysteme:
- Systemzwecke
z.B.- Berichtssysteme:
Listen, gedruckte I-Dienste - Auskunftssysteme:
abfragbare I-Dienste - Systeme zur
Entscheidungsunterstützung:
Expertensysteme - Steuerungssysteme:
Robotersteuerung
- Berichtssysteme:
- Einsatzbereiche
z.B.- Forschungs-IS:
Literatur-Nachweis
Daten / Fakten-Nachweis - Planungs-IS:
Idea-Processors / Outliner
Projektmanagement-Systeme
(Workflow-Management) - Verwaltungs-IS / Management-IS:
Bürosysteme
(Textverarbeitung,Tabellenkalkulation
Statistik-S., Graphische I-Verarbeitung
Archivierungssysteme)
- Forschungs-IS:
- Spezifika der Betreiber
z.B.- Öffentliche Informations-Einrichtungen Forschung universitär außeruniversitär Ausbildung Bildungseinrichtungen/Museen Verwaltung Behörden Privatwirtschaftliche Informations- Einrichtungen Verlage, Hosts Kammern Krankenhäuser Firmeninterne I-Stellen
- Anforderungen der Benutzer z.B. Anzahl der potentiellen Nutzer Bedarfsprofil der Nutzer - fachliche Orientierung - Anforderungen aus der Funktion - Anforderungen aus der Institution Akzeptanzbarrieren - organisatorische Barrieren - technische Barrieren - sprachliche Barrieren - Kostenfrage
Dokumentationen,
Informationssysteme
unterstützen fachliche Kommunikationsprozesse durch
Unterstützung von
- Informationsdiffusion
- Informationstransfer
- Informationstransformation
- Informationsselektion
INFORMATIONSDIFFUSION
Beschleunigung der Informations-Übermittlung von der Erkenntnisgewinnung zur Erkenntnisnutzung durch (vernetzte) Informationssysteme.
Informationssysteme unterstützen die Informationsdiffusion durch
- Ermittlung und Erschließung
- von schwer zugänglichen Publikationen
- von grauer Literatur - Kumulierung von Einzelinformationen
- Aktuellen Informationsnachweis
- Übersetzungsdienste
- Kontaktbörsen
(E-Mail-Bulletin-Board-Systeme)
INFORMATIONSTRANSFER
Informationssysteme unterstützen den Informationstransfer:
- Datenbankrecherchen helfen Doppelarbeit zu vermeiden.
- Datenbanken zu Forschungsprojekten, Patenten lassen Entwicklungstrends erkennen und fördern Kooperationen.
- Datenbanken vermitteln F&E-Ergebnisse an Klein u. mittelständische Unternehmen (KMU)
INFORMATIONSTRANSFORMATION
Umwandlung von Zielvorstellungen in konkrete
Ausführungsanweisungen (top down)
Verdichtung von Expertenwissen in
Entscheidungsinformation (bottom up)
Informationssysteme
unterstützen die
Informationstransformation
durch
Systeme zur Prozeßsteuerung
- CAD/CAM
- CIM
- Workflow-Management
Lernsysteme
INFORMATIONSSELEKTION
Bereitstellung von Verfahren für gezielten / gewichteten / vollständigen Informationszugriff.
Informationssysteme zur Unterstützung der Informationsselektion:
Suchmaschinen / Navigatoren in Netzen
Meta-Informationssysteme
Informationsmehrwert-Dienste
(der Informations-Broker)
Zusammenfassung
Dokumentation als Theorie
ist die
- Methodenlehre
intellektueller und technischer Organisation
der Informationsvermittlung
Dokumentation als Praxis
ist als
- Abfolge von Tätigkeiten
(= Aufbaustufen von Informationssystemen)
- Voraussetzung
der Informationsvermittlung
Ergänzung des Kommunikationsschemas
Die Koordinierung von IDK bedeutet Organisation fachlicher Kommunikation und ist Aufgabe des Informationsmanagement
Kommunikations- , Informations- , Dokumentations-Systeme